2017 Dresden-Nordkap-Kirkenes  Blog

9.6. Am Ende meiner Tour

Die Tage nach dem Nordkap sind schnell geschildert. 

Am Anfang bin ich in ein Schneechaos geraten. Die einzige Straße von der Nordkinnhalbinsel nach Süden war für mich unpassierbar. Nach 30Km musste ich aufgegeben. Ein Autofahrer mit einem Pickup nahm mich mit zurück. Er meinte, die Straßen werden nicht mehr geräumt, weil die dafür zuständige Firma nur einen Vertrag bis 30.5. hatte! 

Mein anscheinend so kluger Plan für den letzten Teil meiner Radtour ging damit völlig in die Hosen. Ich musste weiter die Hurtigrute nehmen und bis Vadsö fahren.

Und nun der Oberwitz: Wegen zu hohem Wellengang ist das Schiff ohne Halt bis Kirkenes durchgefahren. Damit war ich eine Woche zu früh am Endziel.

Mein Frust war entsprechend. So bin ich dann auf das Angebot der Hurtigrute eingegangen und hab mich mit dem Bus bis Vadsö zurück bringen lassen.

Eine gute Entscheidung. Denn das Wetter wurde schlagartig besser. Außerdem ging die Straße nur noch am Varangerfjord entlang. Also keine Gebirge, keine Straßen voller Schnee.

Und das Wetter wurde sehr viel besser. Die letzten drei Nächte in meinem kleinen Einmannzelt waren zwischen drei und vier Uhr am Morgen für mich beendet. Da waren bereits Saunatemperaturen im Zelt. Um diese Uhrzeit (!) steht die Sonne im Norden bereits so hoch, dass es blitzartig sehr warm im kleinen Zelt wurde.

Das Radfahren hat aber wieder richtig Spaß gemacht. Fast unbemerkt stand plötzlich eine 4000 auf dem Radcomputer. Die Zeltplätze waren leer, letzte Schneehaufen zum Bier kühlen vorhanden und auf dem Camping Fjellstua Neiden, ganz nahe an der finnischen Grenze war die Sauna bereits angeheizt.

Nach vier Tagesetappen hatte ich Kirkenes wieder erreicht, bin im Thonhotel "abgestiegen" und hab einen Tag einen 80Km langen Abstecher in den Pasvik Nationalpark, direkt an der russischen Grenze unternommen. Dort gibt es die größte Population von Braunbären in Norwegen. Ich könnte aber weder Bären oder Russen sichten.

Dann musste auch noch mein Drahtesel schiff-und fluggerecht verpackt werden. Er hat wirklich gut Dienste geleistet. Über 4000 Kilometer ohne die geringste Panne. Danke Sven!

Kirkenes ist eine Stadt, die man nicht unbedingt besuchen muss. Aber hier ist der Startpunkt der Hurtigrute nach Süden. Nach acht unglaublich intensiven Wochen mit Wind, wenig Regen, etwas Schnee, keiner Einsamkeit und sehr vielen interessanten Begegnungen geht es Richtung Heimat.

Heute, am 12.6. schreibe auf dem Hurtigrutenschiff Trollfjord den letzten Blogg. Jetzt fahren wir die komplette Stecke nach Bergen zurück. 

Mit wir meine ich nicht mein Rad, sondern Dorothea und mich. Sie ist jetzt mit an Bord.

 

 


1.6. Achte Etappe - ganz "oben"

Meine Schlussbemerkung aus dem letzten Blog, dass der landschaftlich schönste Teil hinter mir liegt, muss ich korrigieren.

Von Tromsö durch die Lyngener Alpen war es ebenfalls wunderschön. Da bin ich dann auch gleich am ersten Tag zu meiner Höchstform aufgelaufen: 134km weit und 1250 Höhenmeter hinauf geradelt. Einschließlich der zwei letzten Fähren der Reise waren es über 150km.

Aber dann hat das Wetter auf böse umgeschaltet. Kalt, Schneeregen, Wind wie immer aus der falschen Richtung. Die Tagesetappe von Alta nach Skaidi habe ich nach 30km abgebrochen und mir einen Bus gesucht. Am Abend im Hotel erzählten Motorradfahrern, dass es in den Bergen auf meiner Strecke Schneeverwehungen gab. 

Das war auch das Motiv den "Abkürzer" über Hammerfest inclusive der Hurtigrute nach Honningsväg zu wählen. Gleichzeitig habe ich so den unter Radler berüchtigten sechs Kilometer langen Meerestunnel "umschifft". Der Wettergott war aber eingeschnappt und hat es mir auf den kurzen 57 Kilometern von Skaidi bis Hammerfest so richtig gezeigt. Teilweise sah ich wie der Schneemann aus.

In Hammerfest war die Freude groß, ein "Dach mit Minibar" über dem Kopf zu finden. So konnte ich die Beine hochlegen, die Sachen trocken und in aller Ruhe dem Schneefall durch das Fenster zusehen. 

Am Morgen um fünf Uhr schnell in der Hotellobby mein Rad bepackt und ab ging's auf das Schiff. Die 140 NOK für das Frühstücksbüffet waren gut angelegt. Mit mir hat die Hurtigrute kein Geld verdient. 

Der Dampfer "Trollfjord" kam gegen Mittag in Honninnsväg an. Ganz schnell habe ich mein Gepäck im Hostel abgeschmissen und bin voller Adrenalin die letzten 30km bis an die "Spitze noch ganz oben" gestürmt. Es waren ein paar Stunden erträgliches Wetter angesagt.

So war es dann auch an der Nordspitze von Europa. Das Wetter war ein dramatisches Sonne-Schneewolken-Spiel, kaum Wind. Und auch kaum Menschen.

Meine Stimmung war gut, mehr aber auch nicht. Die über 50 Tage Radeln bis zum Kap waren viel beeindruckender. 

Wie ich mal geschrieben hatte: Der Weg ist das Ziel.

Als Belohnung gab es Honningsväg am späten Abend noch das landesübliche "Festessen".

Jetzt steht noch der harte Brocken nach Kirkenes bis an die russische Grenze an. Ungefähr 340 Kilometer mit sehr wenig Infrastruktur, dafür mit vielen Bergen und einem katastrophaler Wetterbericht.

Nachtrag am 3.6: Ich schreibe gerade den Text. Bin in Mehamn, dem nördlichsten Hafen Norwegens. Auf der Straße nach Süden liegen 20-30 cm Schnee. Sie wird nicht mehr geräumt, da der Winterdienst Ende Mai die Arbeit eingestellt hat. Der nächste Bus vielleicht am Montag. Die Hurtigrute fährt hier die Häfen zur Zeit wegen zu hohem Wellengang nicht an.


24.5. Siebente Etappe - Über die Inseln: Lofoten, Vesteralen, Senja

Gestern habe ich Tromsö erreicht. Die fünftgrößte Stadt in Norwegen, die Stadt der Eismeerkathedrale. 

Eisig ist es hier wirklich. Ich bin dem Frühling wieder ein Stück voraus gefahren. Der Schnee liegt an den Nordhängen bis auf Meereshöhe. In der Stadt gibt es überall die Schneereste des Winters.

Bei der Abfahrt der Fähre aus Bodo und der Ankunft in Moskenes auf den Lofoten schien die Sonne. Die Tage auf den Inseln waren dann ein Mix aus viel oder wenig Regen mit Temperaturen im einstelligen Bereich. Eigentlich das Wetter, mit dem ich von zu Hause aus  gerechnet hatte - Norwegenwetter eben.

So brauchte eine "Wärmflasche". Bei der Mittagspause in Leknes hab ich sie gefunden. Der Vinmonopolet lag direkt neben der Pizzeria. Heute, zum Herrentag werde ich mir zwei Daumenbreiten genehmigen. 

Im Nappstraumentunnel, der zwei Inseln auf den Lofoten verbindet, 55 Meter unter der Wasseroberfläche, war ich über die 3000km geradelt. Die Autofahren müssen es gewusst haben. Ich wurde ständig angehupt. Oder lag es daran, dass der Tunnel für Radfahrer gesperrt ist?

Vor der langen Überfahrt zur Insel Senja hatte ich mächtig Schiss. Vor einem Jahr auf der gleichen Strecke gab es Seegang und mir ging es sehr schlecht. In Andenes hatte  noch die Apotheke auf und die nette Verkäuferin war sehr mitfühlend --> Postafen 25mg hat gut angeschlagen.

Lustige Typen sind mir auch wieder über den Weg gelaufen. Merlin zum Beispiel, der lieber mit seinem Mops Brutus unterwegs ist als mit seiner Freundin. Er hat mehr Ruhe. Brutus meckert nicht. 

Oder eine Gruppe von Schweden und Norwegern, die auf der Insel Vagan noch mit ihren Snowboards und einem Filmteam die guten Winterverhältnisse nutzten

Interessant war auch der Abend in der Edelherberge Hamn i Senja mit Jonny aus Harstad. Der finale Whisky hatte meine Kilometerleistung am Folgetag allerdings deutlich beeinflusst. 

Vorgestern tauchte dann Ina (nicht Ina Müller) aus Hamburg auf dem Zeltplatz Fjordbotn auf. Eine der immer noch seltenen Reiseradlerinnen. Sie ist auf Südkurs. Ihr Ziel ist Gibraltar!!! Sie ist top ausgerüstet. Ich hab Ihr gern gezeigt, wie ihr neuer MSR-Kocher funktioniert. Denn der angebaute Adapter für die Gaskartusche lässt sich nun einmal nicht mit ihrer Bezinflasche verbinden.

Ina hat mich auch auf den kommenden Schnee vorbereitet. 

Überhaupt scheint der landschaftlich schönste Teil wohl hinter mir zu liegen. 

Jetzt kommen die Fleissaufgaben. Noch 600km bis zum Kap, dann 500km bis Kirkeness.

Wenn das Wetter nicht verrückt spielt oder das Fahrrad zerfällt (die Geräusche der Schaltung klingen eigenartig) dann sollten die restlichen drei Wochen für das Finale ausreichen.


15.5. Sechste Etappe - Kystriksveien

Ich sitze am Anleger der Fähre nach Ornes und warte. Weit und breit kein Mensch, keine Fähre. In drei Stunden müsste es weitergehen. Es gilt noch der Winterfahrplan.

Auf der wirklich einmalig schönen Küstenstraße (Kystriksveien) ist nichts los. Leider liegt die Infrastruktur auch noch im Winterschlaf.

Am 10.5. startete ich nach einem Ruhetag über Trondheim und Steikjer nach Namsos. Dabei hatte ich meine geplante Route verlassen. Ursprünglich sollte es auf Nordseite vom Trodheimfjord, im Gebirge weiter noch Norden gehen. Dort soll es aber keine Campingplätze oder Hütten geben. Für mich als Warmduscher ein KO-Kriterium. So musste ich auf der E6 gegen die Brummis ankämpfen. Ein Horror. Zwischen Leitplanke und Brummirad oft nur weniger als ein Meter.

Auch das Wetter war gegen mich. Regen- und Schneeschauer im Wechsel.

Aber nach Steinkjer war ich dann wirklich auf der Küstenstraße. Alles wurde immer besser: Sonnenschein, die Straße für mich allein, tolle Landschaft, die ersten Elche und Renntiere. So ging es bis heute weiter. Jeden Tag habe ich den Titel "schönster Tag" neu vergeben müssen. 

Nette Leute gab's auch: Per und seine Frau aus Schweden, die mich zum Whisky überreden "mußten". Ein Reiseradler aus Schottland, der aus meiner Sicht fast ohne Gepäck aus Tromsö (!) kam. Oder Eva und James aus Altöttingen, in deren Camper bei Kaffee und interessanten Gesprächen die Wartezeit an einer Fähre schnell überbrückt war.

Gestern bin dann auch noch über den Polarkreis geschwommen - in einer Fähre.

Morgen sollte ich Bodo erreichen. Dort vielleicht einen Ruhetag einlegen, bevor es auf die Lofoten geht.

Also alles super? Ich musste auch noch Fahrrad fahren !

Für Statistiker nur soviel: 7 Tage, 696 Km, 5982 Höhenmeter, 16,5 Km/h

8.5. Fünfte Etappe: Molde - Trondheim

Das waren nur drei Tage. Aber auch 320 Km mit 3200 Höhenmetern.

Allerdings könnten die Tage nicht unterschiedlicher sein.

Der Abschied von Molde war schwer. Schuld daran war die schöne Stadt selbst, das fast schon Sommerwetter und der tolle Campingplatz mit Blick über den Fjord auf die verschneiten Berge. Da half nur ein gutes Abendessen mit Wein und frischem Fisch.

Am nächsten Tag gab es noch einmal super Wetter. Zum ersten Mal war ich fast soweit die kurzen Hosen anzuziehen. Der Weg führte über die verrückten Brücken des Atlanterhavsvegen nach Kristansund. Die Stadt schon in Sichtweite dann das große Staunen: Die Fähre war nicht mehr zu finden und der neue, sechs Kilometer lange Atlantiktunnel für Radfahrer gesperrt. Schnell hatte ich dann aber gefunden, dass der Linienbus durch den Tunnel die Radfahrer mitnimmt.

In des Nacht gab es eine Wetterumschwung. Am Morgen starken Nebel. Die Feuchtigkeit war so groß, dass ich alle Regensachen anziehen musste. Am Tag darauf ging es mit Temperaturen abwärts. Auf der E39 im Gebirge vor Orkanger begrüßten mich zwei Stunden lang Schneeflocken. Heute, am Ruhetag in der Nähe von Trondheim wechseln sich Graupel-und Regenschauer ab. Für die nächsten Tage steht "Norwegenwetter" an. 

Übrigens hab ich vor zwei Tage den ersten (!) Reiseradler getroffen. Rene aus Östereich ist von Trondheim nach Oslo mit einem ganz heißen Renner unterwegs. 



3.5. Vierte Etappe: Stavanger - Molde

Nach harten Tagen bin ich wieder vom Luxus umgeben. Ich sitze auf Deck7, dem Front-Aussichtsdeck des Hurtigrutendampfer MS Richard With, bei Bier und Snacks.

Begonnen hatte dieses Teilstück meiner Nordfahrt mit einer fürchterlichen Übernachtung auf dem "Bergen Camping Park". In den Hütten wohnen dort vor allem Arbeiter (Russen, Serben,...). Es war Freitag Abend: Wodka, Schlägereien...Zum ersten mal hatte ich Angst um mein Rad.

Aber wie so oft...es wurde alles besser bis unglaublich schön. Die Landschaft, die Übernachtungsplätze, die Straßen. Auch scheinen mir die höheren, aber nicht so steilen Anstiege mehr "altersgerecht". Mein Puls kommt kaum über 120, ich fühle mich dann gut und könnte den ganzen Tag mit dem größten Ritzel die Berge hoch strampeln. Am 29.4. waren es 122 Kilometern mit 1420  Höhenmeter. 

Die Route verlief am Anfang nicht mehr ganz an der Küste. Ich überquerte die ersten großen Fjorde (Sogne- und Nordflord). Die Bergen sind ab 400 Metern verschneit. Bei einer "Umfahrung" eines sechs Kilometer langen, für Radler gesperrten Tunnels, kam ich auf 500 Meter über dem Meer. Die Straße war aber schneefrei. Am Pass starteten gerade die Skitourengeher!

Auf dem einmalig schön gelegenen Zeltplatz Birkeland, ca.15 Km nördlich von Levik, hatten mich norwegische Wohnwagenfahrer zum Abendessen eingeladen. Wir waren die Einzigen dort. Die Beiden fahren im richtigen Urlaub aber am liebsten nach Deutschland oder Italien. Dort ist es warm, man kann guten Wein selbst auf der Straße trinken und die Menschen sind anders als Norwegen, offen und freundlich!!!

Mich wundert jetzt nichts mehr. Trotzt meiner aktiven Bemühungen hatte ich kaum Kontakt zu den locals - leider.

Reiseradler gibt es sowieso noch noch nicht. 

Ab Flora hab ich ein Küstenboot genommen, bin direkt nach Maloy geschippert und hab so viele Tunnel sowie unklare Fähreverbindungen umgangen - ein weitere "Abkürzer".

Der Tag von Maloy nach Arvik, wieder am Meer entlang, war bisher der Schönste. Malerische Buchten, die Berge spiegeln sich, kaum ein Auto auf der Straße. 

Dagegen hat mich heute der starke Verkehr nahe Alesund total genervt. Es gibt kaum Nebenstraßen, Fahradwege gibt es überhaupt nicht mehr.

Als das Küstenboot in Alesund ankam, lag in 200m Entfernung der Hurtigrutendampfer. Eine Stunde Wartezeit! Ich konnte nicht widerstehen und bin umgestiegen. So spare ich mir eine Tagesetappe mit Inselhopping und vielen kleinen Fähren. Der direkten Weg von Alesund nach Molde geht durch lange, für Radler gesperrte Tunnel.

Jetzt bin unter den Mumien auf dem Aussichtsdeck und gegen 18 Uhr schon in Molde. Dort gibt es morgen einen Ruhetag. Ich muss Wäsche waschen. Die Mumien um mich herum verziehen schon die Nase....

Molde ist jetzt in Sicht. Nach einem Bier, Wärme, weichen Sesseln geht es jetzt runter vom Dampfer, weg vom Luxus. Ab auf den Zeltplatz in die Hundehütte, in das andere Extrem. Noch stehen über 2500km vor mir.

Dieses Spannungsfeld zwischen Entbehrung und Genießen macht für mich das wirkliche Leben aus.

(Vielleicht hat der Vinmonopolet noch geöffnet (-:)




28.4. Dritte Etappe: Kristiansand - Stavanger (Fähre nach Bergen)

Ich sitze auf der Fähre von Stavanger nach Bergen und genieße den unglaublichen Luxus. Es ist mein erster "Abkürzer". 

Die Tage davor waren für mich härter als gedacht. In 5 Tage nur 350 Km, aber 3900 Höhenmeter. Mehr geht bei mir nicht. Jetzt kann ich meine Träume realistischer einschätzen und muss wohl Korrekturen am "Masterplan" vornehmen.

Am 23.4. war ich mit einem richtigen Biker der Erste, der um Mitternacht aus der Fähre von Hirtshals nach Kristiansand gefahren ist. Zum Glück musste ich nur in das 300m entfernte "Budget Hotel" (Betten selber beziehen, Fahrrad im Zimmer) fahren. Denn die vier Stunden Überfahrt hatte ich im Restaurant in der Klasse "all you can eat (and trink !)" zugebracht. 

Entsprechend schwer war der erste Tag im südlichsten Teil von Norwegen. Man fährt scheinbar immer auf Meereshöhe. Aber am Ende des Tages stand der Höhenmesser bei 750Hm. 

Ab jetzt werde ich auf dem Radweg Nr.1. unterwegs sein. Immer an der Westküste entlang, theoretischen bis zum Nordkap. Dieser Küstenradweg lässt keine Sehenswürdigkeit aus. Nach der ersten Schiebestrecke auf einem alten Postweg mit Schotterbelag werde ich nicht mehr bedingungslos den Schildern mit der "1" folgen.

Das Schärengebiet von Norwegen geht nach zwei Tagen bei Lyngdal schon an den ersten kleinen Fjorden entlang. Alles eine wunderschönen Landschaft, ganz wenig Verkehr.

Auf den Zeltplätzen gibt es nur leere Wohnwagen. So auch in Apta Camping. Dort fand ich als Krönung einen geheizten Pool. Zwar waren meine Tageskilometer noch lange nicht erreicht, aber hier müsste ich bleiben. 

Am nächsten Morgen war der erste "Sommertag": 8 Grad, aber Sonne und vor allem kein Wind. Zeit zum Seele baumeln lassen. Erst um 11 Uhr ging das Radeln wieder los. Gleich mal lange mit 14%!

Einen Tag später, von Flekkefjord nach Egersund war dann das bisherige Highlight. Wegen der Anstrengung (74km mit 1300Hm) und der tollen Landschaft. Zuerst Seen, unendliche Granitbuckel, später dann der spektakuläre Jossingfjord: 2.Weltkrieg mit der Befreiung von englischen Gefangenen, Titanabbau kontra Umwelt, Auffahrt durch die Felstunnel.

Gestern, auf dem Weg nach Stavanger verhalf mir der Rückenwind zur bisherigen schnellsten Fährt: 70 Km, 18,4 Km/h bei 550Hm

Heute morgen an der Fähre meinte eine Frau aus Tromsö, dass es für die Jahreszeit viel zu kalt ist, noch zu viel Schnee liegt und das viele Fähren im Norden erst ab 1.6. fahren.

Jetzt, auf der halben Strecke der Fährfahrt kommen wir immer wieder an verschneiten Bergen vorbei ??? 

Planänderung???




22.4. Zweite Etappe: Hamburg - Hirtshals

Hinter mir liegen die rund 600 Km von Hamburg bis an die Nordspitze von Dänemark. Vor mir der Skagerak. Nur noch 160 Km Wasser bis Norwegen, dem eigentlichem Ziel der Radtour. 

Nach dem Ruhetag bei Nine in Hamburg ging es gleich taff weiter. Ein langer Ritt bis Schleswig. Am Anfang noch gemächlich, hinter Hamburg dann die ersten Graubelschauer, starker Wind aus NW, Regenschauer, am Ende der 130 Km zwei Stunden Dauerregen. Da musste ein Hotel sein. 

Mit dem Wetter ging es genauso weiter. Das nächste Ziel war Kolding, schon in Dänemark. Die von mir gewählte Route (die kürzeste!) war an Langweile nicht zu überbieten. Der Radweg parallel zur Straße,  rechts und links Felder, Wind und Schauer wie gehabt, immer gerade nach Norden. Die Würze: Überall wurde Gülle ausgebracht.

Am nächsten Tag änderte sich dann die Landhaft ein wenig. Um Gammel Rye gab es Seen, Wälder, aber auch Berge. Ich war faul, bin nur 84 Km geradelt. Auch weil am nächsten  Tag Rückenwind angekündigt war. So war es dann auch, zumindest die ersten 70 Km.

Später wieder das übliche: Langweilige Landschaft, Starkwind von W. 

Bei unseren Freunden Laima und Arturas in Aalborg, nach 134 Km, war ich total ausgeschlaucht. Spontan habe ich mich für einen zusätzlichen Ruhetag entschieden. Der wurde auch wirkliche einer. Ganz toll von Laime beköstigt hab ich die Beine nicht unter dem Tisch hervor gebracht.

Kurz vor Aalborg hatte ich die ersten tausend Kilometer hinter mich gebracht. Jetzt sind es nur noch  viertausend 😂.

Heute die rund 70 Km bei herrlichem Sonnenschein (Wind 20-40 Km/h) bis Hirtshals waren fast eine Erholung. 

Nun warte ich auf die Fähre nach Kristiansand. An der Küste von Südnorwegen kommen zum Wind und den kalten Temperaturen dann auch noch die Berge (das "Waschbrett" der Schären) dazu.




10.4. Erste Etappe: Dresden - Hamburg

Am 10. April starten wir bei Sonnenschein in Dresden und folgen dem Elbradweg bis Nünchritz. Die Sonne und blühende Kirschbäume erfreuen uns bis dahin. Danach wird das Wetter schlechter und die Landschaft trauriger. Es gibt Dörfer,  da fällt uns automatisch der Buchtitel von Max Moor ein "Was wir nicht haben,brauchenSie auch nicht"..... Der Marktplatz in Gröditz sieht aus, als wäre die Russische Armee gerade nach einem letzten Exerzieren abgezogen. Das Zeithainer "Lustlager" war auch eher unlustig.... Schöner wurde die Landschaft wieder hinter  Bad Liebenwerda am Elbe-Elster-Radweg, immer an der Schwarzen Elster entlang! Eine große Naturidylle mit Raubvögeln, Biber"Bäumen" und unendlichen Wiesen! Leider nehmen Wolken und Sturm aus Nordwest zu und ohne Handschuhe geht gar nichts mehr. So müssen wir auch auf einen Besuch des von Barnim-Museums in Wiepersdorf verzichten, um noch zu einer menschlichen Zeit in Jüterbog anzukommen. Jüterbog als alte Bischofsstadt bietet viele interessante Reformationsplätze, Übernachtungskultur eher nicht!
 Auf dem Weg nach Brandenburg entdecken wir ein echtes Schwedendorf: Borkwalde ist die größte Ansiedlung von Holzhäusern in Deutschland - sieht aus wie in Bullerbüh! 
In Lehnin fasziniert die Klosterkirche und die gesamte Klosteranlage inklusive Diakonissenhaus.  Im Starkregen und Gegenwind geht es dann auf dem Radweg nach Brandenburg. Dort entschädigt uns ein tolles Abendessen! 
Der nächste Morgen ist zwar kalt aber erst einmal trocken. So fahren wir vom Molkenmarkt mit aufmerksamen Augen durch die Stadt, die neben dem Dom wunderschöne alte Häuser aufzuweisen hat. Auf der weiteren Fahrt nach Havelberg ärgern uns aber wieder extremer Gegenwind und Regen! Es wird immer kälter. Die ehemaligen Industriestandorte  Premnitz und Rathenow laden auch nicht gerade zum Verweilen ein. Aber in Rhinow finden wir einen Dorfbäcker mit leckerem Kuchen und Kaffee. Dieses Doping rettet uns und wir erreichen Havelberg gegen 18 Uhr. Das Altstadt Café auf der Stadtinsel ist ein Juwel zum Übernachten und nur zu empfehlen! Nach unserem Eintreffen dort wird das Wetter besser und wir können einen Spaziergang durch die Stadt und auf den Domberg machen- sehr eindrucksvoll.
Nach Havelberg kommen wir auf den Elbradweg zurück und fahren Stunden auf oder neben dem Deich bei schönem Wetter durch herrliche Natur. Immer wieder sind Störche, Kraniche, Milane, Bussarde .... zu sehen! Der kleine Ort Beuster überrascht mit einer großen romanischen Kirche und einer kleinen Fachwerkkirche. Der Gegenwind nimmt leider wieder zu und es wird wieder anstrengend. In Zehrental überqueren wir den ehemaligen Deutsch-deutschen Grenzstreifen. Das Wetter wird danach aber auch nicht besser; die Versorgungslage auch nicht: Es ist Karfreitag und alles hat geschlossen. In der Nähe von Gartow rettet uns ein Imbiß  mit Kaffee. Dann radeln wir vorbei an Gorleben und Gusborn (hier gibt es ein Denkmal mit je einem Holzkreuz für jeden Bundestagsabgeordneten nach einem eventuellen Supergau) nach Dannenberg. 
Die letzte Etappe von Dannenberg nach Hamburg ist die härteste der ersten Woche. Wir überqueren die Elbe mit der Fähre und fahren auf dem rechtsseitigen Elbradweg. Dort beginnt bald ein fürchterlicher Gegenwind; manchmal nur Sturm(patagonische Verhältnisse), manchmal vermischt mit Starkregen, manchmal mit Hagel. Nach 6 Stunden erreichen wir gerade einmal Boizenburg (ca 50 km von Dannenberg). Mangels Alternativen müssen wir mit dem Rad aber weiter über Lauenburg (schönes Städtchen im Herzogtum) nach Hamburg, das wir nach 110 Tageskilometern auch gegen 20 Uhr erreichen. 
Die 550 km von Dresden nach Hamburg waren in den 6 Tagen wahrlich keine leichte Eingewöhnungswoche! Das Wetter war eine echte harte Vorbereitung auf den Norden und eine Erinnerung an patagonische Windverhälnisse!
Ein Ruhetag mit einem Besuch der Elphi-Plattform war ein gutes Intermezzo zum Auftanken! Dorothea fährt zurück nach Dresden, Dietrich weiter gen Norden!